„Der Alkohol hätte mich fast umgebracht."

Ohne Bier und Schnaps lief gar nichts mehr bei Toni Spitzli. Der Pegel stieg immer höher und das Familieneinkommen des Bauern nahm ab. Sämtliche Therapien scheiterten, sein Schicksal schien besiegelt.

Toni und Heidi Spitzli
 

Eine Flasche Schnaps und eine Kiste Bier pro Tag waren nicht genug. Oft hockte der Bauer Toni Spitzli auch noch Stundenlang in den Beizen, zusammen mit Kollegen. Es war eine feste Gewohnheit, man trank eins oder auch mehrere zusammen. „Diese Geselligkeit wollte ich nicht verpassen. Ich brauchte einfach einen gewissen Pegel Alkohol, der Körper hatte sich mit den Jahren daran gewöhnt", meint Toni.

 

Heidi Spitzli war sich bereits vor über dreissig Jahren bei der Hochzeit mit Toni über sein Alkoholproblem im Klaren. Doch sie liebte ihn sosehr, dass sie ihn einfach nicht verlassen konnte. „Ich dachte, ich werde das schon hinkriegen, ich war überzeugt, dass er auf mich hören würde und ich bat auch Gott um seine Hilfe. Da konnte ja nichts schief gehen", so Heidi Spitzli.

Arbeiten statt Hausaufgaben
Doch dann hing der Haussegen viele Jahre schief. Toni sass manchmal den ganzen Tag in den Wirtschaften und vergass überm Bier die Arbeit. Als ältester von sieben Geschwistern hatte er den Hof vom Vater übernommen. Schon als Kind musste Toni auf dem Bauernhof mitarbeiten. Oft blieb keine Zeit für Hausaufgaben. Und als Legastheniker wurde er in der Schule gehänselt. „Ich bin mir dann, wie ein Löli vorgekommen!" Später sass Toni am liebsten auf dem Traktor und arbeitete mit allerlei landwirtschaftlichen Maschinen gegen Lohn für die Bauern in der Umgebung. Dass er dabei oft mehr als Benzin im Blut hatte, schien niemand gross zu stören.

"Ich habe kein Problem"
Doch schliesslich gefährdete Tonis dauernde Trunkenheit nicht nur seine Gesundheit, sondern auch die Existenz der Familie. Vier Kinder waren im Laufe der Jahre dazugekommen. Toni zeigte keine Einsicht. „Ich hatte das Gefühl, ich vertrage halt was, ich habe mich im Griff. Wenn meine Frau mir Vorwürfe machte, dachte ich, das ist kein Problem, sie übertreibt doch wieder. Die spinnt halt einfach."

Heidi sucht bei Behörden, dem Blauen Kreuz und der Kirchgemeinde Hilfe. Diese haben Verständnis und helfen mit Rat und Tat. Als dann die Polizei einschreitet und Toni den Führerschein abnimmt, ist Heidi dankbar. „Endlich geschieht etwas, ich hätte jubeln können", mein Heidi heute. Durch die Beratung vom Blauen Kreuz erkennt sie, dass Toni nur durch Konsequenzen zur Umkehr zu bewegen sein würde. Sie und die Kinder beschlossen, Toni bei den täglichen Arbeiten auf dem Hof nicht mehr zu helfen. „Wir sagten zu ihm, wenn du aufhörst zu trinken, werden wir dir wieder helfen, sonst nicht." „Es war nicht einfach für mich", sagt Heidi Spitzli. „Ich war es ja gewohnt die Zügel in die Hand zu nehmen und nach dem Hof zu schauen, wenn Toni nicht da war."

Fahrausweis weg
Der Schock sass tief, als Toni einsehen musste, dass er allein, ohne Mithilfe seiner Familie, nicht zu Recht kam. „Das war hart, aber nötig", ist Toni heute überzeugt. Obwohl ihn drei Therapien und eine schwere Gehirnoperation vom Trinken nicht hatten stoppen können, beschliesst Toni nun sei Schluss. „Ich ging zum Hausarzt und verlangte Antabus Tabletten, die gegen den Alkohol wirkten.

 
Auf dem Hof der Familie Spitzli
 

Es ging ja um den Führerschein, den wollte ich unbedingt wieder haben." Von da an trank er keinen Tropfen Alkohol mehr. Das Verlangen danach blieb bis Toni sich bei einem Anlass in der Kirche mit dem ehemaligen Alkoholiker Josef Brüschweiler aussprach. „Er sagte zu mir, komm wir machen ganze Sache, wir knien uns hin und bitten Gott um Hilfe. Da konnte ich Gott alles hinlegen und Ihm mein Leben neu anvertrauen. Seit dem Tag ist auch das Verlangen nach Alkohol weg. Ich habe seither keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt."

Zusammen alt werden
Seit über neun Jahren ist Toni nun trocken. „Der Alkohol hätte mich umgebracht", davon ist er heute überzeugt. „Mancher, der mit mir in der Therapie war, ist bereits gestorben." Und für Heidi ist es ein Wunder, das Gott getan hat. „Gott war mir immer nahe und er gab mir Kraft und Weisung auch in den schlimmsten Momenten. Er hat mir Hoffnung gegeben, dass ich meinen Mann nicht verlieren würde. Jetzt darf ich mit ihm zusammen alt werden. Das habe ich mir immer gewünscht" Nach langen, schwierigen Jahren ist für Heidi und Toni das Glück eingezogen. Sie wohnen seit drei Jahren im „Stöckli." Den Hof haben sie ihrem ältesten Sohn und seiner Familie übergeben.

Mehr über Toni und Heidi Spitzli erfahren Sie im FENSTER ZUM SONNTAG unter dem Titel: „Dem Schicksal entflohen".
Die Sendung kann nach der Ausstrahlung auf SF zwei auch auf www.sonntag.ch online geschaut und als DVD angefordert werden.

Willy Seelaus, Redaktor FENSTER ZUM SONNTAG

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